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  • AutorenbildBenjamin Förder

Legal Tech in der juristischen Ausbildung

Was wir jetzt wissen sollten.


Der Stand der Dinge

Bei vielen derzeitigen Jurastudenten verhält es sich beim Thema Legal Tech ähnlich wie mit vielen anderen wichtigen Dingen: Man müsse sich mal damit beschäftigen. Allerdings irgendwann in der Zukunft und nicht jetzt. Überhaupt sei es jetzt gerade ungünstig.


Dies ist sicherlich auch verständlich. An den Universitäten sollen sich die Studenten schon mit reichlich Themen beschäftigen und jeder Dozent betont die Wichtigkeit gerade seines Faches. Da können andere, nicht zwingend in den Studienordnungen vorgesehene Dinge schon einmal unter den Tisch fallen. Dennoch sollte man sich ein Herz fassen und einmal einen Blick auf das werfen, wofür Legal Tech steht.


Viele Juristen in der Praxis teilen die ähnliche Einschätzung, dass sich der Rechtsmarkt in Zukunft stark ändern werde. Langfristig würde der „Wald-und-Wiesen-Anwalt“ von Computern ersetzt werden, die mithilfe von Algorithmen sowieso viel genauere, juristisch präzisere Ergebnisse erzielen könnten. Genauso könnten auch die Aufgaben des Notars in Zukunft durch Blockchain ersetzt werden und ein ganzer Stab von Anwälten im Rahmen von M&A Transaktionen sei schlicht Geldverschwendung.


Was zunächst nach übertriebenen Gedankenspielen von Juristen klingt, die sich gerne die Zukunft ausmalen, ist auf dem besten Weg Realität zu werden.

Schon heute werben Anbieter im Internet etwa mit automatisierter und simultaner Vertragsprüfung- oder Erstellung sowie der Einklagung von Rechten.

Für die Juristen der Zukunft bedeutet dies, dass es definitiv darüber hinausgehen wird, als mit beck-online, juris und Co. umgehen zu können.


Legal Tech im Studium

Doch was bedeutet dies nun für das rechtswissenschaftliche Studium?

Um es vorweg zu nehmen, ich plädiere für die Aufnahme praxisrelevanter Elemente des Legal Tech als fester Bestandteil in den Studienordnungen aller Einrichtungen.

Doch gehen wir ein paar Schritte zurück. Noch vor wenigen Jahren gab es schlicht kein Angebot zum Legal Tech an den deutschen Universitäten. Dies hat sich nun, wohl auch um im internationalen Wettbewerb gleichzuziehen, schlagartig verändert. An den meisten juristischen Fakultäten gibt es Vortragsreihen, Seminare oder sogar Vorlesungen, die sich mit der Digitalisierung des Rechtsmarktes beschäftigen. Dabei ist der Ansatz manchmal theoretisch, häufiger aber praktisch orientiert.

So bietet etwa die Humboldt-Universität in Berlin mit dem „Arbeitskreis Legal Tech“ viele Möglichkeiten für Interessierte.[1] Sei es im Rahmen von Law Clinics, wie der Consumer Law Clinic (HCLC), die unter anderem mit einem eigenen Legal Tech Team Softwareanwendungen entwickelt und diese für Verbraucher kostenfrei und öffentlich zur Verfügung stellt. Oder Forschungsstellen- und Institute, die regelmäßig Workshops und Seminare für Studenten anbieten.

Andernorts übernehmen Studenten selbst die Initiative. An der Goethe-Universität in Frankfurt bietet das „Legal Tech Lab“ „Legal Tech für Einsteiger“ sowie regelmäßige Stammtische an.[2]

Ähnlich verhält es sich an der LMU München, wo die „Munich Legal Tech Student Association“ neben entsprechenden Veranstaltungen der Universität selbst Events in Zusammenarbeit mit Kanzleien organisiert.[3]

Vergleichbare Initiativen finden sich in Bonn (DGRI Tech Law Clinic),[4] Frankfurt Oder (Legal Tech Center),[5] Göttingen (eLEGAL),[6] Köln (Legal Tech Lab Cologne),[7] Münster (recode.law),[8] Osnabrück (Osnabrücker Legal Tech Forum; Legal Tech Lab).[9]

Daneben bieten die meisten Universitäten semesterweise wechselnde Lehrveranstaltungen an.


Legal Tech Veranstaltungen im Wintersemester 2019/20

Im Wintersemester 2019/20 gibt es an den juristischen Fakultäten eine ganze Reihe von Lehrangeboten zum Thema Legal Tech. Eine Liste aktueller Veranstaltungen findet sich im Internet, zusammengetragen von Dr. Martin Fries (Privatdozent LMU München):

https://community.beck.de/2019/10/11/legal-tech-im-wintersemester-2019/20

Darüber hinaus mag es hilfreich sein, sich mittels online verfügbarer Podcasts einen Überblick im Selbststudium zu verschaffen. So kann beispielsweise auf die Vorlesungsreihe „Legal Tech“ der LMU München zugegriffen werden.[10]


Fazit

Trotz des breiten Angebots werden die Veranstaltungen im Zweifel von denjenigen interessierten Studenten besucht, die sich sowieso mit dem Thema Legal Tech beschäftigen und dessen Tragweite für die Zukunft erkennen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Angebote am Großteil der Studenten unerkannt vorbeiziehen, häufig einfach mangels Kenntnis.

Unserem liberalen Grundverständnis entsprechend ist es sicherlich nicht falsch zu argumentieren, dass das Studium auf einer Selbständigkeit der Studenten beruht. In diesem Sinne könne Legal Tech nicht obligatorischer Teil der juristischen Ausbildung werden. Diejenigen, die die Möglichkeiten verpassen hätten eben Pech gehabt.

Allerdings ist in meinen Augen zu berücksichtigen, dass Legal Tech in Zukunft einen wesentlichen Teil des juristischen Arbeitsalltages ausmachen wird. Legal Tech wird ebenso Teil von Jura sein, wie das materielle Recht, welches nun einmal verpflichtend zu belegen ist.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Implementierung von Qualifikationen außerhalb des materiellen Rechts in die Studienordnungen durchaus funktioniert und getan wird. Schon lange sehen sämtliche Studienordnung das Absolvieren von Pflichtpraktika vor. Um zum Staatsexamen zugelassen zu werden sind mittlerweile Fremdsprachen genauso zu belegen, wie materielle Rechtsgebiete. Die Länder zeigen sich also durchaus anpassungsfähig an die sich stetig verändernden Anforderungen an Juristen.

Das heißt jedoch nicht, dass das Jurastudium der Zukunft nur noch in Verbindung mit Informatik abgeschlossen werden könne. Schließlich geht es in der Praxis in erster Linie um die Anwendung von Legal Tech. Die Fähigkeit eigene Programme zu entwickeln mag dabei zwar nicht unvorteilhaft sein, sie kann allerdings nicht Maßstab für das reguläre Studium werden.

Daher plädiere ich für die Aufnahme der praxisrelevanten Grundzüge des Legal Tech als festen Bestandteil in den Studienordnungen aller Universitäten.

Dieser Weg entspricht der Fortentwicklung der Rechtswissenschaft, insbesondere ihrer Praxis und ermöglicht die auch zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland ausgebildeten Juristen im internationalen Vergleich.


[1] https://www.rewi.hu-berlin.de/de/lf/oe/aklt


[2] https://legaltechlab.de/


[3] https://www.ml-tech.org/


[4] https://www.jura.uni-bonn.de/lehrstuhl-prof-dr-specht/dgri-tech-law-clinic/


[5] https://legaltech.center/


[6] https://elegal-göttingen.de


[7] http://legaltechcologne.de/


[8] https://recodelaw.com/


[9] https://www.facebook.com/legaltechos/?ref=py_c; https://www.elsi.uni-osnabrueck.de/en/elsi_lehrstuehle/prof_dr_christoph_busch_maitre_en_droit/legal_tech_lab.html


[10] https://www.jura.uni-muenchen.de/personen/f/fries_engel_martin/veranstaltungen/vorlesung-legal-tech/index.html


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